Gruselt sich Plötze in Finnland?

Vor zwei Tagen besuchten wir Veijo Rönkkönens Skulpturen Park in Parikkala, Finnland.

Veijo Rönkkönen, geboren 1944, war ein verhaltener, bescheidener Einheimischer. Mit 16 nahm er seinen Job in einer Druckerei auf, wo er über 40 Jahre blieb. Man sagt, sein erstes Gehalt nutzte der Mann um Apfelsamen zu kaufen, die er in dem Garten seines Elternhauses pflanzte. Mit 66 erlag er einer Krankheit und starb friedlich in seinem Elternhaus, in dem er immer noch wohnte. Der Welt hinterließ er sein Lebenswerk. Ein Park, von ihm geschaffen, mit über 500 Betonskulpturen. Knapp die Hälfte der Skulpturen zeigen den Künstler in verschiedenen Yogastellungen, die er gemeistert hatte. Das war Veijo Rönkkönens Huldigung an die Vitalität und Lebenskraft der Jugend. Seit seinem Tod wird der Park von der ITE Vereinigung gepflegt. Der Eintritt ist kostenfrei, eine Spende ist erwünscht und man sollte sich im Gästebuch verewigen. Außerdem ist er rund um die Uhr offen.

Etwa dreieinhalb Autostunden entfernt von Helsinki machten wir halt auf einer Autobahnraststätte, die auch als Parkplatz zum Park dient. In den Abendstunden, die wir dort noch im Van verbrachten, sahen wir nur wenige Besucher, die auch schnell wieder aufbrachen. Warum wir noch im Van blieben? Natürlich weil ich den Park um Mitternacht besichtigen wollte. Und dementsprechend waren wir dann allein, als wir schließlich aufbrachen. Aus Respekt dem Bewohner des Grundstücks gegenüber, verhielten wir uns leise und unauffällig. Wir zahlten erstmal keine Spende, holten das später aber nach. Außerdem sind viele der Bilder bei späterer Gelegenheit mit Tageslicht entstanden.

Wir betraten den Park und vor allem Larry lief es gleich zu Beginn eiskalt den Rücken runter, als wir an einer merkwürdigen Eulenskulptur vorbei kamen.

leider habe wir beide es versäumt die Eule zu photographieren, aber hier ein paar Gesichter die aus dem Fuß der Begrüßungseule wachsen.

Ich weiß nicht wieso, aber Larry hat sich allgemein am meisten vor den Vogelskulpturen gegruselt. Der Park wird mit einer Horde von Veijo Rönkkönens Yogaskulpturen eröffnet, die still und moosbewachsen dastehen. Ein wirklich absurder Anblick, begleitet von seltsamer Musik, die irgendwo den ganzen Park beschallt.

Als nächstes sahen wir zwei Frauen beim Wäsche waschen. Ihr Grinsen offenbarte menschliche Zähne, die der Künstler den Skulpturen einsetzte. Warum tat er das? Ein harmloser Ausdruck seiner Kreativität? Wieso scheint ihr Grinsen so höhnisch zu sein? Ist es dem Unvermögen des Künstlers geschuldet freundliche Gesichter zu gestalten? Aber die Yogaskulpturen, denen er sein eigenes Gesicht verlieh, schaffen es ja auch irgendwie normal drein zu schauen.

Es wurde immer absurder. Neben den Waschweibern war ein seltsamer Baum mit tentakelartigen Fortsetzungen, an dem ein grinsender Bursche ausgepeitscht wurde. Wieso grinst der Bursche? Gefällt es ihm? Zeigt es eine sexuelle Vorliebe von Veijo Rönkkönen? Als ich die Gesichter näher betrachtete, gruselte auch ich mich. Er hatte die Augen der Figuren derart gestaltet, dass ihr Blick dem Betrachter folgen. Sie wirkten sehr lebendig.

Verschlungene Wege führten uns an immer weiteren Figuren in seltsamen Posen oder Kleidern vorbei. Es gab eine Menge turnende Kinder. Und eine Skulptur, die wahrscheinlich den personifizierten Tod darstellte, und ein noch unmenschlicheres Gesicht hatte, als alle anderen.

Es gab viel zu viele Eindrücke, um alles richtig zu begreifen, aber ich hatte mehr und mehr das Gefühl, in der geistigen Welt des Künstlers zu spazieren, und dass ich ihn verstehen könnte, wenn ich nur besser hinschauen würde. Überall folgte uns der Blick der Figuren und obwohl ich sonst immer alles betasten möchte, wagte ich es ausnahmsweise nicht, auch nur eine der Skulpturen zu berühren.

Larry fügt sich gut in die Promenade der Skulpturen ein

Als wir am nächsten Morgen wieder in den Park gingen, um die Spende nachzuholen und Bilder zu schießen, war die Stimmung eine andere. Es war weiterhin absurd, aber das Unheimliche wich, wenn auch nicht ganz, einer gewissen Komik. Die Eulen hatten plötzlich Augenbrauen und die Figuren wirkten eher harmlos verrückt.

eine seltsame Skulptur deren Blick uns merklich folgt
die Wirkung bei Nacht
die Wirkung bei Tag

Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen, Plötze hat sich zwar zeitweise gegruselt, aber eigentlich war es mehr absurd als gruselig. Der Park hinterlässt viele Fragen in einem. Wieso schauen seine Yogaskulpturen, die ihn selbst darstellen, verhältnismäßig normal aus und wurden nicht mit Zähnen ausgestattet? Wieso haben die meisten anderen Skulpturen dieses schädelartige Grinsen? Wie ist er überhaupt auf die Idee gekommen, sich mit lebensgroßen Menschenskulpturen zu umgeben? War das Ausdruck seiner Einsamkeit? Ein Versuch, das wilde Leben in seinem sicheren Zuhause zu erleben? Wollte er das Gefühl haben, gesehen zu werden? Und was sollte eigentlich der Dinosaurier, der über einem gestreckten Veijo Rönkkönen steht???

4 Gedanken zu “Gruselt sich Plötze in Finnland?”

  1. Er: Lexi, wir haben die Gitarre vergessen
    Sie: Larry, gerade mit der wollt ich mich verbessern
    Er: So ein Mist, ich wuerde jetzt gern ..
    Sie: Nein, sag es nicht sie koennten uns hoern
    Er: Doch schau mal Lexi, was ist den das hier?
    Sie: Eine Gitarre so klein, ist das ein Klavier?
    Er: Nein du Eule, das ist ne …. hmmm …. na sag es schon
    Sie: Im Google finde ich bestimmt was davon ..
    Er: Ja das ist es, es ist ne Ukulele ..
    Sie: Ich seh nur 4 Seiten, da soll man spielen mit ganzer Seele?
    Er: Macht nichts, lass uns trotz allem klimpern darauf
    Sie: Die Lieder kommen jetzt halt ganz anders heraus
    Er: Und unser Gesang, von sechs auf vier
    Sie: Lalalalala .. ist es doch ein Klavier?
    Er: Hmm, vielleicht hast du doch recht
    Sie: Das waere dann geklaert und wir koennen jetzt weg.

  2. Also das mit den echten Zähnen ist schon gruselig.
    Hat er diese Lebenden oder Toten abgenommen?
    Vielleicht sind ja in den Skulpturen noch mehr menschliche Teile verarbeitet und der Kerl war ein Massenmörder.
    Als Psychologe ist mir gleich aufgefallen ‚verhaltener, bescheidener Einheimischer‘, das ist der Stoff aus dem Psychopathen sind. Und mit 66 immer noch im Elternhaus, wahrscheinlich ein Leben lang bei der Mama und hat kein Wort rausgekriegt wenn Frauen ihn ansprachen. Ach ja das auch noch, der Junge der ausgepeitscht wird, ist er der Gepeitschte oder der Peitscher? Ihr seht schon, dieser Skulptur-garten regt sehr die Fantasie an.

    1. Ich habe auch schon darüber nachgedacht, ob da noch Knochen verarbeitet sein könnten. Vor allem bei den schädelartigen Waschweibern…
      Irgendwo hab ich gelesen, dass ihm die ersten Zähne von einer seiner Schwestern geschenkt wurden. Aber ob das nach ihrem Tod oder als sie die Dritten bekam, passiert ist stand da nicht.
      Ich wette Veijo war neben all seiner Seltsamkeit ein netter Kerl 🙂

  3. Ah, Mitternachtssonne.
    Ihr zwei mit Blumen im Haar, einen Rundtanz mit lauter froehlichen Norwegern. Eine norwegische Volksweise singend. Meet aus Trinkhoernern und eine Finnische Nusstorte dazu (die hat 40%), lecker.
    Ab und zu ein Klatschen ‚Dritt Mygg‘. Ja, diese Traditionen.
    ‚Oh du mein Wikinger‘
    ‚Oh du meine Walkuere‘
    Arm im Arm dem Sonnenuntergang entgegen.
    Aus dem wurde denn dann doch nichts, das das Biest kurz vor dem Horizont die Richtung wechselte und mit einem leicht schadenfrohen Grinsen wieder hochstieg.
    War wahrscheinlich trotzdem romantisch fuer die zwei.

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